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Multilaterales Abkommen im Bereich Sozialversicherung bei grenzüberschreitendem Homeoffice in Kraft getreten

Mag. Julia Saric-Bischof
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Mit 01.07.2023 trat ein multilaterales Abkommen im Bereich der Sozialversicherung in Kraft. Dieses ermöglicht Arbeitnehmer:innen aus den Unterzeichnerstaaten bis zu 50% im Wohnsitzstaat aus dem Homeoffice zu arbeiten, ohne dass die Zuständigkeit der Sozialversicherung wechselt. In diesem Beitrag erfahren Sie unter welchen Voraussetzungen der Antrag gestellt werden kann und welche Fristen gelten.
Inhalte

Vereinfachtes Verfahren durch Rahmenvereinbarung

Auf EU-Ebenen wurde gemeinsam an einer Lösung gearbeitet, die mit der VO 883/2004 in Einklang steht, um die neuen Entwicklungen der Arbeitswelt und somit das grenzüberschreitende Homeoffice (auch Telearbeit genannt) abzubilden.

Es wurde daher auf Basis des Artikel 16 der EU Verordnung eine Rahmenvereinbarung erstellt, welche seit dem 01.07.2023 für Unterzeichnerstaaten die Grundlage für ein vereinfachtes Verfahren bei grenzüberschreitender Telearbeit bildet. Dabei handelt es sich um eine Ausnahmeregelung, die für höchstens drei Jahre beantragt werden kann.

 

Antragstellung bei Erfüllung bestimmter Voraussetzung möglich

Bei Erfüllung bestimmter Voraussetzungen (siehe unten) kann nun beantragt werden, dass die Zuständigkeit der Sozialversicherung im ursprünglichen Tätigkeitsstaates (Land des Arbeitgebers) verbleibt. Dies ist dann möglich, wenn die Tätigkeit im ausländischen Homeoffice weniger als 50% beträgt.

Achtung: Ohne Antrag wechselt laut EU-VO 884/2004 die Sozialversicherungszuständigkeit bei einer wesentlichen Tätigkeit im Wohnsitzstaat von mindestens 25% in den Wohnsitzstaat. Dies galt auch schon bisher und ist bzw. war anzuwenden, wenn der Arbeitgeber und der Wohnsitzstaat sich in zwei unterschiedlichen Ländern befinden bzw. befanden.

 

Voraussetzungen für die Antragstellung

Die wesentlichen Punkte für die Anwendung der Ausnahmevereinbarung auf Basis der multilateralen Rahmenvereinbarung sind:

  • anwendbar zwischen zwei Staaten, welche beide die Rahmenvereinbarung unterzeichnet haben
  • ausschließlich für Arbeitnehmer:innen, die regelmäßig wiederkehrend Telearbeit im Wohnortstaat ausüben und dabei Informationstechnologie verwenden und
  • das Ausmaß der Telearbeit zwischen 25% und weniger als 50% der Gesamtarbeitszeit beträgt.

Die Ausnahme kann für höchstens drei Jahre beantragt werden, Verlängerungsanträge sind möglich.

Achtung: Die Ausnahmevereinbarung ist nicht auf Personen anwendbar, die im Wohnsitzstaat gewöhnlich eine andere Tätigkeit als grenzüberschreitende Telearbeit ausüben (zum Beispiel Kundenbesuche,…). Sie ist auch nicht anwendbar, wenn mehr als zwei Mitgliedstaaten involviert sind. Auch für Selbständige ist die Rahmenvereinbarung nicht gedacht.  

 

Hier kann der Antrag gestellt werden

Zur Weitergeltung der Österreichischen Vorschriften: Beim Dachverband der Sozialversicherungen, die Antragstellung ist auch online möglich.

Beispiel:

Herr A. hat seinen Wohnsitz in der Slowakei und arbeitet bei seinem österreichischen Dienstgeber am Standort in Österreich. Es wird vereinbart, dass Herr A. von seinen 5 Arbeitstagen pro Woche 2 Homeoffice Tage (Telearbeitstage) von seinem Wohnsitz in der Slowakei aus leisten kann.

Das Unternehmen und Herr A. möchten, dass weiterhin die österreichischen Rechtsvorschriften anzuwenden sind und er daher weiterhin in Österreich sozialversichert bleibt.

Die Telearbeit beträgt weniger als 50% der Gesamttätigkeit. Das Unternehmen und Herr A. können daher beim Dachverband der Sozialversicherungsträger als zuständige Stelle einen Ausnahmeantrag auf Basis der Rahmenvereinbarung stellen, sodass Herr A. weiterhin in Österreich sozialversichert bleibt.

 

Fristen für die Antragstellung

Bei Antragstellung bis zum 30.06.2024 findet das beantragte Sozialversicherungsrecht rückwirkend ab dem 01.07.2023 Anwendung, sofern die Mitarbeiterin bzw. der Mitarbeiter durchgängig der Sozialversicherung des Mitgliedstaates unterlag, welcher gemäß Rahmenvereinbarung zuständig ist. Daher ist ein Jahr Zeit um den Antrag zu stellen.

Soll mehr als 50% Telearbeit im Ausland gemacht werden oder sind andere Voraussetzungen der Rahmenvereinbarung nicht gegeben oder soll Telearbeit in einem Land gemacht werden, das die Rahmenvereinbarung (noch) nicht unterschrieben hat, kann ein Antrag auf Ausnahmevereinbarung gemäß Artikel 16 der EU VO 883/2004 an das Bundesministerium für Soziales, Pflege und Konsumentenschutz gestellt werden.

 

Länder, die derzeit unterzeichnet haben

Gültig seit 01.07.2023:

  • Österreich
  • Belgien
  • Kroatien
  • Tschechien
  • Finnland
  • Frankreich
  • Deutschland
  • Liechtenstein
  • Luxemburg
  • Malta
  • Norwegen
  • Polen
  • Portugal
  • Spanien
  • Schweden
  • Schweiz
  • Niederlande
  • Slowakei

Gültig seit 01.09.2023

  • Slowenien

Gültig seit 01.01.2024

  • Italien

Fazit

Die multilaterale Rahmenvereinbarung ist sowohl für die Mitarbeiter:innen als auch für den Arbeitgeber eine Vereinfachung, da sich der Arbeitgeber die Registrierung im anderen Land erspart und die/der Mitarbeiter:in weiterhin die Leistungen der österreichischen Sozialversicherung in Anspruch nehmen kann.

Wir möchten darauf hinweisen, dass der Artikel nur die Betrachtung aus sozialversicherungsrechtlicher Sicht behandelt. Die steuerlichen Auswirkungen, die mit einer grenzüberschreitenden Homeoffice Tätgkeit im Ausland einhergehen sind getrennt davon zu beurteilen.

Unser Global Mobility Team unterstützt Sie gerne bei der Beurteilung des jeweiligen Einzelfalles mit kompetentem Fachwissen aus jahrelanger Erfahrung.

 

Bitte beachten Sie, dass dieser Beitrag keine individuelle Rechtsberatung ersetzt und Sachverhalte ggfs. verkürzt oder auf Grundlage derzeitiger Einschätzungen dargestellt werden. Grant Thornton übernimmt keine Haftung für die Vollständigkeit oder Richtigkeit der dargestellten Informationen.