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Grenzüberschreitendes Arbeiten im Homeoffice: Sozialversicherung innerhalb der EU

By:
Hannes Weißmann
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Das Arbeiten im Homeoffice ist mittlerweile als integraler Bestandteil der Arbeitswelt nicht mehr wegzudenken. Unter Homeoffice versteht man ganz allgemein das regelmäßige Erbringen von Arbeitsleistungen in der Wohnung des Arbeitnehmers bzw. der Arbeitnehmerin. Die Umstellung bzw. Implementierung dieses Arbeitsmodells stellt Unternehmen vor verschiedene Herausforderungen. In diesem Artikel wird der Blickwinkel auf die sozialversicherungsrechtliche Komponente gelegt.

Neue Auslegungsrichtlinie gültig ab 01.07.2022

Sozialversicherungsrechtlich ist für Tätigkeiten innerhalb des EU/EWR-Raumes und der Schweiz die Verordnung (VO) 883/2004 in Kraft. Diese VO gilt gemäß Art. 2 Abs. 1 der VO 883/2004 für Staatsangehörige eines Mitgliedstaats, Staatenlose und Flüchtlinge mit Wohnort in einem Mitgliedstaat, für die die Rechtsvorschriften eines oder mehrerer Mitgliedstaaten gelten oder galten, sowie für ihre Familienangehörigen und Hinterbliebenen.

Entsprechend dem Grundsatz des Gemeinschaftsrechts, sowie jenem der Einmalversicherung sind in der Sozialversicherung die Rechtsvorschriften nur eines Staates anzuwenden, auch wenn Erwerbstätigkeiten in mehreren Staaten ausgeübt werden.

Nach dem Territorialitätsprinzip unterliegt eine Person der Sozialversicherung jenes Landes, in dem sie ihre Beschäftigung tatsächlich ausübt.

Zu Beginn der COVID-19-Pandemie wurde von der Verwaltungskommission festgelegt, dass pandemiebedingtes Homeoffice in einem anderen, als dem gewöhnlichen Beschäftigungsstaat, zu keiner Änderung der anzuwendenden Rechtsvorschrift führt.   

Diese vorübergehende Maßnahme lief mit 30.06.2022 aus. Aus diesem Grunde wurde von der Verwaltungskommission eine Auslegungsleitlinie verabschiedet und festgehalten, dass mit den bestehenden europäischen Koordinierungsvorschriften das Auslangen gefunden werden kann und spezielle, darüberhinausgehende Regelungen nicht notwendig seien.

Es finden künftig auch bei grenzüberschreitendem Homeoffice die einschlägigen Bestimmungen der VO Nr. 883/2004 samt der dazu ergangenen Durchführungsverordnung Anwendung. Die Auslegungsleitlinie gilt seit 01.07.2022, wobei es eine sechsmonatige Übergangsphase gibt, um den Arbeitgeber:innen einen geordneten Umstieg auf die neue Vorgehensweise zu erleichtern.

Was gilt seit 01.07.2022?

Wird beispielsweise mit einer Person, die ihren Wohnsitz in Österreich hat und für ein in Deutschland ansässiges Unternehmen arbeitet, vereinbart, dass diese ihre Tätigkeit künftig ausschließlich im Homeoffice vom Wohnsitz in Österreich ausübt, kommen aufgrund des Beschäftigungslandprinzips seit 01.07.2022 die sozialversicherungsrechtlichen Bestimmungen Österreichs wieder zum Tragen. Die Beschäftigung wird in Österreich tatsächlich ausgeübt.

Sonderregelung für Entsendungen

Im Zuge einer Entsendung gilt allerdings, dass Personen, die im Gebiet eines Mitgliedsstaates von einem Unternehmen, dem sie gewöhnlich angehören, abhängig beschäftigt werden und für dasselbe Unternehmen auf dessen Rechnung dieselbe Tätigkeit vorübergehend im Gebiet eines anderen Mitgliedstaates ausüben, weiterhin den Rechtsvorschriften des Entsendestaates unterliegen. Voraussetzung dafür ist, dass die Dauer dieser Tätigkeit sich nicht länger als 24 Monate erstreckt. Das Territorialitätsprinzip wird dabei vom sogenannten Ausstrahlungsprinzip durchbrochen.

Ausübung von Tätigkeiten in zwei oder mehr Mitgliedstaaten

Eine Person, die gewöhnlich in zwei oder mehr Mitgliedstaaten eine Beschäftigung ausübt, unterliegt den Rechtsvorschriften des Wohnmitgliedstaates, wenn sie dort einen wesentlichen Teil der Beschäftigung ausübt.

Im Rahmen einer Gesamtbewertung bedeutet "wesentlich" im Falle einer unselbständigen Beschäftigung, dass mindestens 25% der Arbeitszeit und/oder des Arbeitsentgeltes im Wohnmitgliedstaat anfallen.

Wird beispielsweise mit einer Person, die ihren Wohnsitz in Österreich hat und für ein in Deutschland ansässiges Unternehmen arbeitet, vereinbart, dass diese 3 von 5 Arbeitstagen pro Woche vom Homeoffice in Österreich aus tätig ist, kommen auf Grund des Beschäftigungslandprinzips seit 01.07.2022 die sozialversicherungsrechtlichen Bestimmungen Österreichs wieder zum Tragen. Die Beschäftigung wird wesentlich im Wohnmitgliedstaat Österreich ausgeübt.

Zusammenfassung

Die pandemiebedingte Ausnahmeregelung der Verwaltungskommission ist mit 30.06.2022 ausgelaufen. Diese legte fest, dass die Rechtsvorschriften in Bezug auf die Sozialversicherung innerhalb der EU, bei Ausüben einer Homeoffice-Tätigkeit in einem anderen als dem gewöhnlichen Beschäftigungsstaat, beibehalten werden und es zu keiner Änderung der Sozialversicherungszuständigkeit kommt.

Seit 01.07.2022 finden wieder die bereits vor der Pandemie gültigen Regelungen der VO 883/2004 Anwendung. Bei einer wesentlichen bzw. ausschließlichen grenzüberschreitenden Tätigkeit im Homeoffice kommen die Rechtsvorschriften des Wohnsitzstaates zur Anwendung. Es kann daher auf Grund der Beibehaltung einer regelmäßigen und wesentlichen Tätigkeit aus dem Homeoffice zu einer Änderung des zuständigen Staates in Bezug auf die Sozialversicherung kommen.

In Zusammenhang mit grenzüberschreitenden Arbeitseinsätzen sowie bei Tätigkeiten aus dem Homeoffice gibt es neben der sozialversicherungsrechtlichen Beurteilung noch viele weitere Themen, die es zu beachten gibt.

  • Wo ist die Tätigkeit des Mitarbeiters bzw. der Mitarbeiterin zu besteuern?
  • Welches Arbeitsrecht ist anzuwenden, wenn der Mitarbeiter bzw. die Mitarbeiterin im Ausland arbeitet?
  • Welche Lohnnebenkosten fallen bei einer Tätigkeit aus dem Homeoffice an?

Zur Beantwortung dieser und vieler weiterer Fragen in Zusammenhang mit Auslandseinsätzen bzw. grenzüberschreitenden Arbeitseinsätzen stehen wir Ihnen mit unserem darauf spezialisiertes Global Mobility Services (GMS)-Team sehr gerne zur Verfügung!