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AbgÄG 2022 – beschlossene Neuerungen der Umsatzsteuer

By:
René Adam
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Das Abgabenänderungsgesetz 2022 (AbgÄG 2022) wurde Mitte Juli 2022 im National- und Bundesrat beschlossen und am 19. Juli 2022 im Bundesgesetzblatt veröffentlicht. Darin enthalten sind unter anderem auch einige Änderungen im Bereich der Umsatzsteuer, die zu unterschiedlichen Zeitpunkten in Kraft treten. Wie bereits in unserem Beitrag von 9. Juni 2022 zu den geplanten Neuerungen angekündigt, finden Sie in der Folge die wesentlichen Neuerungen im Überblick.
Inhalt
AbgÄG 2022 – geplante Neuerungen in der Umsatzsteuer
Beitrag vom 9. Juni 2022
AbgÄG 2022 – geplante Neuerungen in der Umsatzsteuer
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Verlängerung des 0%-Steuersatzes für Schutzmasken

Das AbgÄG 2022 sieht eine Verlängerung des – ursprünglich am 30. Juni 2022 ausgelaufenen – 0% Steuersatzes für Lieferungen und innergemeinschaftlichen Erwerbe von Schutzmasken um ein weiteres Jahr vor. Somit ist der Steuersatz von 0% nunmehr für Lieferungen und innergemeinschaftliche Erwerbe von Schutzmasken, die nach dem 22. Jänner 2021 und vor dem 1. Juli 2023 ausgeführt werden, anwendbar.

 

Dreiecksgeschäfte – erweiterter Anwendungsbereich

Die wohl weitreichendste, umsatzsteuerliche Veränderung im Rahmen des AbgÄG 2022 betrifft den künftigen Anwendungsbereich der Vereinfachungsregelung für Dreiecksgeschäfte (Art 25 UStG). Nach bisheriger österreichischer Auffassung war die Sonderregelung für Dreiecksgeschäfte grundsätzlich nur innerhalb von Reihengeschäften mit drei Personen, die UID-Nummern aus drei verschiedenen Mitgliedstaaten verwenden, anwendbar. Zur Vermeidung von Qualifikationskonflikten mit anderen Mitgliedstaaten wurden die österreichischen Vorschriften nun entsprechend den Verhandlungsergebnissen des Mehrwertsteuerausschusses bzw. den Empfehlungen der Europäischen Kommission angepasst.

Ab 1. Jänner 2023 wird die Dreiecksgeschäftsvereinfachung auch innerhalb eines Reihengeschäfts mit mehr als 3 Parteien unter bestimmten Voraussetzungen anwendbar sein. Es kann wie bisher immer nur einer der am Reihengeschäft beteiligten Unternehmer potenziell in den Genuss der Vereinfachung für Dreiecksgeschäfte kommen, und zwar jener Steuerpflichtige innerhalb der Reihe, der den innergemeinschaftlichen Erwerb tätigt, also der Empfänger der bewegten Lieferung ist.

 

Steuerbefreiung für grenzüberschreitende Personenbeförderung per Bahn

Die grenzüberschreitende Personenbeförderung per Bahn, die bisher für den österreichischen Streckenabschnitt dem ermäßigten Umsatzsteuersatz von 10% unterliegt, ist künftig steuerbefreit und damit mit der internationalen Luft- und Schifffahrt (ausgenommen auf dem Bodensee) gleichgestellt. Diese Neuerung gilt ab 1. Jänner 2023.

 

Vermietung inländischer Grundstücke durch ausländische Unternehmer

Als Reaktion auf die Rechtsprechung des EuGH (EuGH 3.6.2021, C-931/19, Titanium) zur Vermietung durch ausländische Unternehmer (vergleiche dazu unseren Beitrag vom 30. Juni 2021: Vermietung einer Immobilie durch einen ausländischen Unternehmer | Grant Thornton Austria) wurden die Bestimmungen zum Reverse-Charge-Verfahren angepasst. Bei der Vermietung von Grundstücken durch Unternehmer, die im Inland weder ihr Unternehmen betreiben noch eine an der Leistungserbringung beteiligte Betriebsstätte haben (sogenannte ausländische Unternehmer), wird es künftig nicht zum Übergang der Steuerschuld kommen. Durch diese Änderung hat der leistende (vermietende) Unternehmer als Steuerschuldner seine Umsätze – wie vor dem EuGH Urteil Titanium –  im Veranlagungsverfahren zu erklären. Somit kann der ausländische Unternehmer seine Vorsteuern künftig im Veranlagungsverfahren und nicht über ein Vorsteuererstattungsverfahren geltend machen.

Diese Änderung gilt mit Ablauf des Tages der Kundmachung des AbgÄG 2022, das heißt ab 20. Juli 2022.

 

Beschränkung der Haftung gem § 27 (4) UStG

Die Einbehaltungs- und Abfuhrverpflichtung der Umsatzsteuer durch den Empfänger gemäß § 27(4) UStG wurde entsprechend den Ausnahmen vom Übergang der Steuerschuld in § 19 (1) UStG bei sonstigen Leistungen angepasst, da bis dato nur die Ausnahme für die Eintrittsberechtigungen auch in § 27 (4) UStG vorgesehen war. Somit werden künftig auch österreichische Abnehmer, die Leistungen von Unternehmern beziehen, die im Inland weder Wohnsitz/Sitz, noch gewöhnlichen Aufenthalt oder eine Betriebsstätte haben, nicht mehr für die Abführung der Umsatzsteuer durch den erbringenden Unternehmer haften, wenn die Leistungen die entgeltliche Duldung der Benützung von Bundesstraßen und die Vermietung von Grundstücken betreffen.

Diese Änderung gilt mit Ablauf des Tages der Kundmachung des AbgÄG 2022, das heißt ab 20. Juli 2022.

 

Leistungen iZm ausländischen Streitkräften

Aufgrund der EU-Richtlinie 2019/2235 wurde zum 1. Juli 2022 eine Umsatzsteuerbefreiung für Einfuhren, Lieferungen von Gegenständen (ausgenommen neue Fahrzeuge) und Dienstleistungen im Zusammenhang mit der Gemeinsamen Sicherheits- und Verteidigungspolitik eingeführt. Diese Befreiung gilt nur im Zusammenhang mit Aktivitäten von Streitkräften (Verteidigungsanstrengungen) eines Mitgliedsstaates, welche außerhalb des Territoriums dieses Mitgliedsstaates gesetzt werden. Einfuhren, Lieferungen und Dienstleistungen für Streitkräfte, welche für inländische Aktivitäten des Mitgliedstaates gesetzt werden, sind somit nicht von dieser Befreiung umfasst.

Hinsichtlich der steuerbefreiten Leistungen sind neben Umsätzen für den Gebrauch oder Verbrauch durch die Streitkräfte auch Leistungen für die Versorgung ihrer Kantinen und Kasinos sowie Leistungen an das zivile Begleitpersonal der Streitkräfte umfasst.

Diese Befreiung ist als echte Steuerbefreiung konzipiert und wirkt sich somit nicht negativ auf den Vorsteuerabzug aus.

 

Einführung einer Umsatzsteuerverzinsung in der BAO

In der BAO wurden durch das AbgÄG 2022 Umsatzsteuerzinsen eingeführt. Diese liegen pro Jahr 2% über dem Basiszinssatz und werden sowohl im Falle von Gutschriften, als auch im Falle von Nachforderungen fällig. Beträge bis 50 € werden nicht festgesetzt.

Grundsätzlich ist eine Gutschrift ab dem 91. Tag nach Einlangen der Umsatzsteuer-Voranmeldung/Jahreserklärung bis zur Verbuchung des Überschusses auf dem Abgabenkonto bzw. der Bekanntgabe des entsprechenden Bescheides zu verzinsen sowie eine Nachzahlung, die sich aus einer verspätet eingereichten Umsatzsteuer-Voranmeldung ergibt, ab dem 91. Tag nach Fälligkeit bis zum Einlangen der Voranmeldung bzw. Bekanntgabe des entsprechenden Bescheides. Eine Nachforderung aufgrund einer Abgabenfestsetzung infolge der Umsatzsteuerjahreserklärung wird ab dem 1. Oktober des Folgejahres bis zur Bekanntgabe des Bescheides bzw. Erkenntnisses verzinst.

Eine Festsetzung von Umsatzsteuerzinsen für Überschüsse bzw. Gutschriften kann für Zeiträume versagt werden, in welchen der Abgabepflichtige seiner Mitwirkungsverpflichtung zur Erteilung von Auskünften oder Vorlage von Unterlagen im Rahmen der Prüfung einer Voranmeldung oder Umsatzsteuerjahreserklärung nicht innerhalb der durch die Abgabenbehörde gesetzten Frist nachkommt.

Hinsichtlich Inkrafttreten der Umsatzsteuerverzinsung gilt, dass diese grundsätzlich mit dem der Kundmachung folgenden Tag in Kraft tritt, wobei die Neuregelung für Gutschriften aufgrund einer UVA oder eines Festsetzungsbescheides auf alle offene Verfahren anzuwenden ist; im Falle von Gutschriften aufgrund eines Umsatzsteuerjahresbescheides auf alle noch nicht in Rechtskraft erwachsenen Bescheide. Bei Nachforderungen sind die Neuregelungen erstmals auf jene Fälle anzuwenden, in welchen der Fälligkeitstag (§ 21 Abs. 1 UStG) nach dem Inkrafttreten des Gesetzes liegt; im Falle von Nachforderungen aufgrund eines Umsatzsteuerjahresbescheides erstmalig für Bescheide betreffend das Jahr 2022.