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Ist die Zwischensteuer bei Privatstiftungen unionsrechtswidrig?
VwGH ruft EuGH an

Von:
Katrin Weissenböck
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Der Verwaltungsgerichtshof (VwGH) legt dem Europäischen Gerichtshof (EuGH) die Frage zur Zwischensteuer bei Privatstiftungen mit ausländischen Begünstigten vor. Droht eine Änderung des österreichischen Zwischensteuerregimes?
INHALTE

1. Anlassfall: Privatstiftung mit in der Schweiz ansässigen Begünstigten 

Anlassfall war eine österreichische Privatstiftung mit in der Schweiz ansässigen Begünstigten. In ihrer Körperschaftsteuererklärung 2014 wies die Privatstiftung Einkünfte aus Kapitalvermögen aus, die der Zwischensteuer im Sinne des § 13 Abs. KStG in Höhe von (damals) 25 % unterlagen. Diese Einkünfte verringerte sie um die im Jahr 2014 getätigten Zuwendungen an ihre in der Schweiz ansässigen Begünstigten.  

Das Finanzamt erkannte die Reduktion der Bemessungsgrundlage der Kapitaleinkünfte um die getätigten Zuwendungen jedoch nicht an. Begründet wurde dies damit, dass die Empfänger aufgrund des anwendbaren Doppelbesteuerungsabkommens (DBA) Österreich-Schweiz hinsichtlich ihrer von der Privatstiftung erhaltenen Zuwendungen keiner Kapitalertragsteuer und somit keiner Einkommensbesteuerung in Österreich unterlagen.  

Die Privatstiftung legte Beschwerde gegen den abgeänderten Körperschaftsteuerbescheid 2014 ein. Sie argumentierte, dass die Nichtentlastung von der Zwischensteuer gegen die Kapitalverkehrsfreiheit und somit gegen Unionsrecht verstoße. 

2. Hintergrund: Zwischensteuer bei österreichischen Privatstiftungen

§ 13 Abs. 3 KStG sieht bei Privatstiftungen vor, dass bestimmte Einkünfte aus Kapitalvermögen (konkret aus der Überlassung von Kapital, aus Veräußerungsgewinnen und Einkünften aus Derivaten) sowie Einkünfte aus privaten Grundstücksveräußerungen nicht der Körperschaftsteuer unterliegen, sondern gesondert zu versteuern sind (der Steuersatz beträgt für die Kalenderjahre ab 2024 23 %). Die Einkünfte sind jedoch um jene Zuwendungen an Begünstigte zu kürzen, für die im Veranlagungszeitraum Kapitalertragsteuer von der Privatstiftung einbehalten und abgeführt wurde.

Artikel 21 des DBA Österreich-Schweiz ordnet das Besteuerungsrecht für Zuwendungen an in der Schweiz ansässige Begünstigte der Schweiz als Ansässigkeitsstaat zu, was dazu führt, dass keine Besteuerung in Österreich erfolgt. Dementsprechend steht der Wortlaut des§ 13 Abs. 3 KStG einer Anrechnung solch „unbesteuerter“ Zuwendungen bei den zwischensteuerpflichtigen Einkünften der Privatstiftung entgegen.  

3. Vorlagefrage des VwGH an den EuGH  

Im Vorlageantrag vom 24. Juni 2025 (EU 2025/0003-1 = Ro 2024/15/0016) zieht der VwGH Parallelen zum EuGH-Urteil vom 17. September 2015, F.E. Familienprivatstiftung Eisenstadt, C-589/13, in welchem bereits zwischensteuerpflichtige Einkünfte österreichischer Privatstiftungen Gegenstand des Vorabentscheidungsersuchens waren. Das Ergebnis dieser Vorabentscheidung mündete in einer Gesetzesänderung im Rahmen des AbgÄG 2015, indem die vollständige und bedingungslose Erstattung der Zwischensteuer nach § 22 Abs. 2 KStG im Fall der Auflösung der Privatstiftung beseitigt wurde.  

Mit Verweis auf das EuGH-Urteil vom 12. Dezember 2006, ACT Group Litigation, C-374/04, wirft der VwGH die Frage einer Vergleichbarkeit von Stiftungszuwendungen mit Dividenden von Kapitalgesellschaften in den Raum. Laut bisheriger Rechtsprechung des EuGH gilt in solchen Fällen der Grundsatz des „source country entitlement“. Dieser räumt dem Quellenstaat das Vorrecht ein, Einkünfte zu besteuern, die durch eine wirtschaftliche Tätigkeit auf Hoheitsgebiet erzielt wurden, ohne darin einen Verstoß gegen die EU-Grundfreiheiten zu sehen. 

4. Bedeutung für die Praxis und mögliche Auswirkungen

Sollte der EuGH die derzeitige Regelung als unionsrechtswidrig qualifizieren, wird dies zu einer Anpassung des Zwischensteuerregimes bei Privatstiftungen führen, insbesondere im Hinblick auf die Berücksichtigung von Zuwendungen an ausländische Begünstigte. Fraglich ist, ob anlässlich dieser Anpassungen auch andere Bestimmungen des Zwischensteuerregimes infrage gestellt bzw. abgeändert werden könnten.

Für österreichische Privatstiftungen mit ausländischen Begünstigten könnte sich eine Chance auf Rückerstattung oder Nichtfestsetzung der Zwischensteuer ergeben, wenn unionsrechtliche Diskriminierungen festgestellt werden.

Wir werden Sie über die weiteren Entwicklungen informieren.  

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