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VwGH zum Ort der Geschäftsleitung einer ausländischen GmbH

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Der VwGH bestätigt in seiner Entscheidung (VwGH 19.1.2024, Ra 2022/15/0091) die rechtliche Beurteilung des BFG, wonach sich der Ort der Geschäftsleitung einer ausländischen GmbH nicht in Österreich befindet. Der Wohnsitz des einzigen Gesellschafter-Geschäftsführers in Österreich ändert daran nichts. Entscheidend ist, wo die maßgeblichen Entscheidungen für den laufenden Geschäftsbetrieb getroffen werden.
INHALTE

Sachverhalt und Fragestellung

Im Rahmen einer Außenprüfung bei einer in Deutschland ansässigen GmbH kam das Finanzamt zum Schluss, dass sich der Ort der Geschäftsleitung der GmbH am inländischen Wohnsitz des einzigen Gesellschafter-Geschäftsführers P in Österreich befinde. Die GmbH war im Bereich der Vermittlung von Geschäftsabschlüssen für Jagd- und Sportschützenausrüstung auf Provisionsbasis sowie in der Entwicklung und im Vertrieb von Wildwarnern tätig. Dabei verfügte die GmbH im Ausland nur über einen nicht abschließbaren Raum sowie ein Archiv mit den Geschäftsunterlagen im Büro des Steuerberaters. Am Wohnsitz des Geschäftsführers in Österreich wurden im Keller hingegen Waffen, Munition und Vorführgegenstände gelagert. Die Kontaktaufnahme mit Kunden und laufende Telefonate wurden meist unterwegs per Handy erledigt.

Das Finanzamt erließ aufgrund seiner Feststellungen Körperschaft- und Umsatzsteuerbescheide für die Jahre 2007 bis 2014. Dagegen wurde von der GmbH Beschwerde erhoben. Fraglich war, ob im konkreten Fall der Wohnsitz des Geschäftsführers P in Österreich als Ort der Geschäftsleitung der deutschen GmbH angenommen werden konnte.

Entscheidung des BFG

In seiner rechtlichen Beurteilung stellte das BFG fest, dass der Ort der Geschäftsleitung der GmbH, anders als vom Finanzamt angenommen, nicht in Österreich, sondern in Deutschland liegt. Entscheidend ist, wo der Geschäftsführer die maßgeblichen Entscheidungen für den laufenden, „normalen“ Geschäftsbetrieb trifft. Dazu zählen die tatsächlichen und rechtsgeschäftlichen Handlungen, die der gewöhnliche Betrieb der GmbH mit sich bringt, und solche organisatorischen Maßnahmen, die zur gewöhnlichen Verwaltung der GmbH gehören (sog. „Tagesgeschäfte“). Im gegenständlichen Fall erfolgte die Aufarbeitung der Außendiensttätigkeit sowie des Posteingangs im Büro in Deutschland. Es sei außerdem unwahrscheinlich, dass wichtige Entscheidungen während der Fahrt, bei Kundenbesuchen oder am Wohnsitz des Geschäftsführers getroffen werden.

Keine Einwände durch den VwGH

Der VwGH wies die außerordentliche Revision zurück und führte aus, dass der Mittelpunkt der geschäftlichen Oberleitung dort ist, wo der für die Geschäftsführung entscheidende Wille gebildet wird – entscheidend ist das Gesamtbild der Verhältnisse in organisatorischer Hinsicht. Ausschlaggebend ist außerdem, wo die für die Geschäftsführung nötigen Maßnahmen von einiger Wichtigkeit angeordnet werden – diese sind abhängig von der ausgeführten Tätigkeit. Jedenfalls maßgebend ist die laufende Geschäftsführung. Somit bestätigte im Ergebnis der VwGH die Entscheidung des BFG, wonach sich der Ort der Geschäftsleitung der gegenständlichen GmbH in Deutschland befand und somit im gegenständlichen Fall auch keine doppelt ansässige GmbH vorlag. 

Fazit

Im Ergebnis bestätigte der VwGH die Entscheidung des BFG, dass sich der Ort der Geschäftsleitung der gegenständlichen GmbH in Deutschland befindet. Für die Praxis bietet die vorliegende Entscheidung eine weitere Orientierungshilfe zur Definition des Ortes der Geschäftsleitung. Dies Entscheidung zeigt auf, dass der Ort der Geschäftsleitung nicht automatisch mit dem Wohnsitz von leitenden Angestellten und Geschäftsführer übereinstimmen muss. Vor allem können aus den zugrundeliegenden Sachverhaltselementen auch hilfreiche Anhaltspunkte für die tägliche Steuer- und Beratungspraxis zum Ort der Geschäftsleitung gewonnen werden.

Sollte es im Einzelfall jedoch Hinweise darauf geben, dass sich der faktische Ort der Geschäftsleitung nicht im Sitzstaat der Gesellschaft befindet (z.B. wie hier Wohnsitz des einzigen Geschäftsführers, mehrere Geschäftsführer haben ihre Wohnsitze in verschiedenen Staaten, Entscheidungsfindung erfolgt „remote“ in mehreren Staaten) empfehlen wir jedenfalls den Sachverhalt vorab genau abzuklären. Andernfalls besteht das Risiko, dass eine doppelt ansässige Gesellschaft entstehen kann, was regelmäßig zu wesentlich erhöhtem Verwaltungsaufwand führt, der nach Möglichkeit zu vermeiden ist.

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In diesem Artikel wird aus Gründen der Lesbarkeit die männliche Form verwendet. Selbstverständlich beziehen sich alle Personenbezeichnungen gleichermaßen auf alle Geschlechter.