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Monatliche Sonderzahlungen für überlassene Arbeitskräfte: Anspruch auf Steuerbegünstigung?

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Bei grenzüberschreitender Arbeitskräfteüberlassung sieht Österreich laut der zwingenden Regelung in § 3 Abs. 4 Lohn- und Sozialdumping-Bekämpfungsgesetz (LSD-BG) vor, dass Sonderzahlungen monatlich aliquot neben den laufenden Bezügen auszubezahlen sind. Aus steuerlicher Perspektive stellt sich nun folgende Frage: Besteuerung der monatlichen Sonderzahlungen zum Tarif oder zum begünstigten Steuersatz?
Inhalt

1. Gesetzlicher Anspruch auf Sonderzahlung bei Arbeitskräfteüberlassung 

Wenn ausländische Unternehmen Arbeitnehmer:innen zur Arbeitsleistung nach Österreich überlassen oder entsenden, sind sie verpflichtet, ihnen die in Österreich gesetzlich vorgesehenen Sonderzahlungen zu gewähren.

Dies ist in § 3 Abs. 4 LSD-BG ausdrücklich geregelt. Die Bestimmung weist zudem darauf hin, dass Sonderzahlungen aliquot und für die jeweilige Lohnzahlungsperiode zusätzlich zum laufenden Grundlohn auszuzahlen sind. Hierbei handelt es sich um eine zwingende Vorschrift, von der ausländische Arbeitgeber:innen nicht abweichen können. Bei einem Verstoß drohen verwaltungsstrafrechtliche Sanktionen.

Die Vorschrift wirft jedoch unionsrechtliche Bedenken auf, die zu einer Ungleichbehandlung von nach Österreich entsandten, ausländischen Arbeitskräften im Gegensatzsatz zu inländischen Dienstnehmer:innen führt.

2. Steuerliche Behandlung monatlicher Sonderzahlungen 

Grundsätzlich gilt in Österreich, dass Sonderzahlungen – wie das 13. und 14. Monatsgehalt oder auch Urlaubs- und Weihnachtsremuneration genannt – gemäß § 67 Abs. 1 und 2 Einkommensteuergesetz (EStG) begünstigt zu besteuern sind. Voraussetzung dafür ist, dass die Sonderzahlung vom/von derselben Arbeitgeber:in geleistet wird, der/die auch den laufenden Arbeitslohn auszahlt. Die Sonderzahlung muss in der Regel je nach Kollektiv- oder Arbeitsvertrag klar als solche ausgewiesen sein und muss sich durch die tatsächliche Auszahlung von den laufenden Bezügen unterscheiden. Sie darf also nicht monatlich ausgezahlt werden.

Einen Sonderfall stellt die monatliche Auszahlung von Sonderzahlungen an aus dem Ausland nach Österreich entsandte oder überlassene Arbeitnehmer:innen dar. Die begünstigte Besteuerung gemäß § 67 Abs. 1 und 2 EstG kommt in dieser Konstellation grundsätzlich nicht zur Anwendung, da die Zahlungen monatlich und somit laufend getätigt werden. Die Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshof (VwGH) stellt bei der Feststellung sonstiger Bezüge gemäß § 67 Abs. 1 EstG auf zwei Bedingungen ab: einerseits auf einen gültigen rechtlichen Anspruch, andererseits auf die Unterscheidung zwischen den laufenden Bezügen und der tatsächlichen Auszahlung. Das Kriterium der Einmaligkeit bzw. Unregelmäßigkeit der Auszahlung, die eine Sonderzahlung als solche kennzeichnet, ist somit nicht erfüllt. Eine Besteuerung zum Tarif muss vorgenommen werden. 

3. Unvereinbarkeit der nationalen Vorschriften mit EU-Vorschriften 

Sonderzahlungen sind in Österreich aufgrund kollektivvertraglicher Regelungen zu gewähren und fallen aufgrund des Rechtstitels unter die sonstigen Bezüge gemäß § 67 Abs. 1 EstG: Die zwingende Regelung in § 3 Abs. 4 LSD-BG verlangt vom/von der ausländischen Arbeitgeber:in, dass entsandten und überlassenen Arbeitnehmer:innen im Inland Sonderzahlungen monatlich und zusätzlich zum laufenden Entgelt ausbezahlt werden. Eine Besteuerung zum begünstigten Steuersatz wurde bisher vom Finanzamt nicht akzeptiert.  

Die nicht abdingbare Regelung im LSD-BG wirft jedoch Probleme auf, da unionsrechtliche Vorschriften dieser entgegenstehen. Das Bundesfinanzgericht (BFG) sieht die Verweigerung der steuerlichen Begünstigung für die Sonderzahlungen dazu geeignet die Niederlassungsfreiheit (Art 49 AEUV), Dienstleistungsfreiheit (Art 56 AEUV) und der Arbeitnehmerfreizügigkeit (Art 45 AEUV) zu beschränken.

Das Diskriminierungsverbot untersagt die Ungleichbehandlung von Unionsbürger:innen aufgrund ihrer Staatsangehörigkeit. Eine offene Diskriminierung liegt bei der nationalen Bestimmung nicht vor, da die Regelung unterschiedslos auf alle nach Österreich entsandten und überlassenen Arbeitnehmer:innen anwendbar ist. Jedoch ist eine versteckte Diskriminierung ersichtlich, da ausländische Arbeitgeber:innen gesetzlich verpflichtet werden eine monatliche aliquote Auszahlung der Sonderzahlungen durchzuführen. Dadurch ist eine Besteuerung zum begünstigten Steuersatz nicht möglich. Ein Personenkreis, der aus dem Ausland nach Österreich entsendet wird, fällt somit unter die Regeltarifbesteuerung während Arbeitnehmer:innen im Inland von dem begünstigten Steuersatz profitieren. Es kommt somit zu einer Schlechterstellung ausländischer Betroffener. Die Niederlassungs- und Dienstleistungsfreiheit werden dadurch beschränkt.

Somit ist die inländische Regelung nicht mit dem Unionsrecht vereinbar und wird aufgrund des Anwendungsvorrangs des Unionsrechts verdrängt. Das BFG teilte diese Ansicht und gewährte die Anwendung einer steuerlichen Begünstigung auch für jene Sonderzahlungen, die aufgrund einer gesetzlichen Verpflichtung monatlich aliquot an ins Inland überlassene Arbeitskräfte ausbezahlt werden.  

Steuerliche Behandlung monatlich ausbezahlter Sonderzahlungen

Freiwillig monatlich ausbezahlte Sonderzahlungen fallen nicht unter die begünstigte Besteuerung.  Da es keine gesetzliche Verpflichtung für die monatliche Auszahlung gibt, ist ihre Besteuerung zum Normaltarif zulässig.

Sonderzahlungen, die hingegen auf einer inländischen Rechtsvorschrift basieren und eine monatliche aliquote Auszahlung vorsehen, sind aufgrund der ständigen Rechtsprechung des VwGH nicht begünstigt. Das liegt daran, dass die Regelung sämtliche Arbeitnehmer.innen und Arbeitgeber:innen trifft und somit keinen Ausnahmecharakter aufweist.

Auch nicht begünstigt sind Sonderzahlungen, die wie im LSD-BG vorgesehen zur Vermeidung von Unterentlohnung aus dem laufenden Entgelt herausgerechnet werden, das über dem kollektivvertraglichen Mindestlohn liegt. Erfolgt keine zusätzliche Auszahlung zum erhöhten Entgelt gemäß § 3 Abs. 4 LSD-BG, fehlt die Voraussetzung für eine begünstigte Besteuerung.

4. Fazit

Das BFG hat entschieden, dass verpflichtend monatlich und aliquot geleistete Sonderzahlungen eines/einer ausländischen Dienstgeber:in an entsandte oder überlassene Dienstnehmer:innen dem begünstigten Steuersatz nach § 67 Abs. 1 EStG unterliegen. Ausschlaggebend dafür ist die zwingende gesetzliche Vorgabe in § 3 Abs. 4 LSD-BG. Diese steht jedoch im Widerspruch zu den Grundfreiheiten der EU und kann daher nicht uneingeschränkt angewendet werden. Bei freiwillig monatlich ausbezahlten Sonderzahlungen im Rahmen der Arbeitskräfteüberlassung oder Entsendung nach Österreich ohne gesetzlich verpflichtende Vorschrift, ist eine Besteuerung zum Tarif vorzunehmen. Es empfiehlt sich somit für nach Österreich entsandte und überlassene Arbeitskräfte unbedingt zu prüfen, ob die Voraussetzungen für die Besteuerung zum begünstigten Steuersatz vorliegen, um steuerliche Vorteile nicht ungenutzt zu lassen.

Bei weiteren Fragen zum Thema stehen Ihnen unsere Expert:innen gerne beratend zur Seite.