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CBAM-Update: Neue Vereinfachungen und geleakte Standardwerte

Von:
Lola-Charlotte Wenger,
Helena Bergthaler
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Die Vereinfachungen des Carbon Border Adjustment Mechanism (CBAM) als Teil des Omnibus-I-Pakets sind am 20.10.2025 in Kraft getreten. Neue Mengenschwellen, verlängerte Fristen und flexible Anrechnungen reduzieren den Aufwand. Zudem gibt ein Leak erste Einblicke in mögliche CBAM-Benchmarks und Standardwerte.
Inhalt

Was ist der Carbon Boarder Adjustment Mechanism? 

Der Carbon Border Adjustment Mechanism (CBAM) ist der CO2-Ausgleichmechanismus der Europäischen Union (EU). Er sorgt dafür, dass für Produkte, die in die EU importiert werden, ähnliche CO2-Kosten anfallen wie für Produkte, die in der EU hergestellt werden. Ziel dieses Instruments ist es, Carbon Leakage, also die Verlagerung emissionsintensiver Produktion in Staaten mit weniger strengen Klimaschutzvorgaben zu verhindern und gleichzeitig Anreize für Drittstaaten zur Einführung eigener CO2-Bepreisungssysteme zu schaffen.  

Der Anwendungsbereich des CBAM erstreckt sich aktuell auf die Einfuhr von bestimmten Waren mit Ursprung außerhalb der EU. Warengruppen sind dabei Zement, Düngemittel, Eisen und Stahl, Aluminium, Chemikalien, Wasserstoff und Strom. Für die Einfuhr von CBAM-relevanten Waren mit Ursprung außerhalb der EU sind CBAM-Zertifikate zu erwerben.

Rechtsgrundlage des CBAM ist die Verordnung (EU) 2023/956 (CBAM-Verordnung). Im Zuge des Omnibus-I-Pakets wurden die bestehenden Vorgaben angepasst und vereinfacht. Am 20. Oktober 2025 trat die Verordnung EU 2025/2083 zur Vereinfachung des CBAM in Kraft. 

Welche Änderungen ergeben sich durch die Vereinfachungen?

  1. Befreiung unter Mengenschwelle: Zentrale Vereinfachung stellt die neue Mengenschwelle von jährlich 50 Tonnen dar. Importeure, die pro Jahr weniger als 50 Tonnen CBAM-pflichtiger Waren einführen, sind von CBAM ausgenommen. Nach Schätzung der EU-Kommission werden dadurch 90 % der Importeure befreit, während 99 % der Emissionen erfasst bleiben.

    Kleinimporteure unter der De-minimis-Schwelle müssen lediglich in der Zollanmeldung den Taric-Code Y137 angeben, ein Zertifikatserwerb ist nicht erforderlich. Sobald die Freigrenze von 50 Tonnen überschritten wird, werden sämtliche eingeführte Waren CBAM-pflichtig (auch die ersten 50 Tonnen). Zu beachten ist, dass die Warengruppen Elektrizität und Wasserstoff unabhängig von der Schwelle stets melde- und abgabepflichtig sind.  

  2. Längere Frist für die jährliche CBAM-Erklärung: Ab dem Jahr 2026 ist eine CBAM-Jahreserklärung abzugeben. Die Frist dafür wurde auf den 30. September des Folgejahres verlängert.  

  3. Vereinfachter Zertifikatekauf für 2026:  Für das Jahr 2026 sind erstmals CBAM-Zertifikate zu erwerben. Zur Vereinfachung erfolgt dies rückwirkend ab Anfang 2027. Der Preis der Zertifikate bestimmt sich nach einem Durchschnittskurs des Quartals, in dem die Ware eingeführt wird.  

  4. Längere Zulassungsfrist für Anmelder: Grundsätzlich müssen Importeure ab dem 01.01.2026 als “zugelassene CBAM-Anmelder" registriert sein. Zur Vermeidung von Disruptionen ist es nunmehr ausreichend, wenn vor der ersten Einfuhr und bis spätestens 31. März 2026 ein Antrag auf Zulassung als CBAM-Anmelder gestellt wird.  

  5. Flexiblere Anrechnung von geleisteten CO2-Abgaben: Zur Vermeidung einer Doppelbesteuerung können außerhalb der EU entrichtete CO2-Abgaben angerechnet werden. Neben dem Ursprungsland können nunmehr auch CO2-Abgaben aus anderen Drittländern berücksichtigt werden. (Simplifications for the Carbon Border Adjustment Mechanism)

Welche Angaben muss eine CBAM-Erklärung enthalten?  

Unternehmen sind gemäß der CBAM-Verordnung (EU) 2025/2083, Artikel 6 Absatz 2 Buchstaben (a)–(c), verpflichtet, wesentliche Angaben zu den eingeführten CBAM-Waren zu melden. Dazu zählt:  

  • Gesamtmenge der im vorangegangenen Kalenderjahr importierten CBAM-Waren nach KN-Nummer (Zolltarifcode), angegeben in Tonnen pro Ware und Jahr, beziehungsweise bei Strom in Megawattstunden pro Jahr.
  • Graue Emissionen der importierten Waren, gemessen in Tonnen CO2-Äquivalent pro Tonne Ware, beziehungsweise bei Strom pro Megawattstunde.  
  • Anzahl der abzugebenden CBAM-Zertifikate, bereinigt um bereits im Drittland gezahlte CO2-Preise und angepasst an die kostenlose Zuteilung im Rahmen des EU-Emissionshandelssystems (EU ETS).
  • Die Emissionen sind nach den zugelassenen Methoden zu berechnen und durch akkreditierte Verifizierungsstellen zu prüfen.

Die Berechnung der grauen Emissionen erfolgt gemäß den in Anhang IV der CBAM-Verordnung definierten Verfahren. Dabei kommen zwei Berechnungsansätze zur Anwendung:  

  1. Der Ansatz der tatsächlichen Emissionen, bei dem für einfache und komplexe Waren sowohl direkte als auch indirekte Emissionen der jeweiligen Anlage berücksichtigt werden.  
  2. Bei fehlenden anlagenspezifischen Daten werden Standardwerte verwendet, die eine durchschnittliche Emissionsintensität abbilden.  

Die Methodik orientiert sich an der Systematik des EU ETS und bildet keine vollständige Lebenszyklusanalyse ab. Entsprechend ist der Umfang der Emissionsberechnung enger gefasst als ein „cradle-to-gate“ Product Carbon Footprint nach ISO 14067.

Wie komme ich zu den geforderten Daten?  

Unternehmen erhalten Informationen zu den direkten und indirekten Emissionen einer Anlage entweder über ihre Lieferant:innen oder über die Anlagenbetreiber:innen. Für CBAM-pflichtige einfache und komplexe Waren ist es sinnvoll, bestehende Lieferantenverträge zu überarbeiten. In neuen Verträgen sollten verbindliche CBAM-Datenklauseln verankert werden, die zur fristgerechten Bereitstellung geprüfter Emissionsdaten verpflichten.  

Ein systematisches Lieferanten-Mapping hilft dabei, CBAM-relevante Geschäftspartner:innen und deren Datenverfügbarkeit zu identifizieren sowie ein gezieltes Lieferantenmanagement sicherzustellen. Das geschieht etwa durch Lieferantenschulungen zur einheitlichen Datenerhebung. Eine CBAM-konforme IT-Infrastruktur kann die Datenerfassung & Berichterstattung unterstützen.  

Für komplexe Waren ist eine vollständige Transparenz über alle Vorläuferstoffe erforderlich. Ebenso wichtig ist die systematische Erfassung der im Ursprungsland gezahlten CO2-Preise, um Doppelbelastungen zu vermeiden. Ein quartalsweises Monitoring stellt Datenqualität, Compliance und wirtschaftliche Planungssicherheit sicher.

Default Values

Sollten Unternehmen keine direkten und indirekten Emissionsdaten einer Anlage erhalten, können sie unter bestimmten Voraussetzungen auf definierte Standardwerte (Default Values) zurückgreifen. Die Europäische Kommission plant, diese Standardwerte bis Ende 2025 zu veröffentlichen. In den vergangenen Tagen sind entsprechende Werte geleakt und in sozialen Medien verbreitet worden, wobei derzeit unklar ist, ob es sich dabei um die finalen Standardwerte handelt.  

Unabhängig davon gilt als gesichert, dass Standardwerte ab 2026 als Fallback bei fehlenden Lieferantendaten genutzt werden können, um eine lückenlose Emissionsberichterstattung sicherzustellen. Zwar vereinfacht dies das Reporting, jedoch ist damit zu rechnen, dass Standardwerte häufig zu höheren Emissionswerten und steigenden Zertifikatskosten führen. Somit wird einen klaren Anreiz geschaffen, reale und verifizierte Emissionsdaten zu erheben, um die Kosten für CBAM-Zertifikate zu reduzieren. 

Unser Fazit

Die verabschiedeten Vereinfachungen des CBAM reduzieren den Verwaltungsaufwand deutlich, insbesondere durch die neue Mengenschwelle von 50 Tonnen und die verlängerten Fristen. Dennoch bleibt die Pflicht zur Meldung der importierten Emissionen bestehen. Zentrale Herausforderung ist die fristgerechte Erhebung belastbarer, geprüfter Informationen zu Mengen, direkten und indirekten Emissionen sowie zu im Drittland gezahlten CO2-Preisen. Die Qualität und Verfügbarkeit dieser Daten beeinflussen unmittelbar die Höhe der abzugebenden CBAM-Zertifikate.

Standardwerte sollten nur als Fallback-Lösung dienen, die voraussichtlich höheren Kosten verursachen. Die geleakten Standardwerte zeigen, dass CBAM Anreize für die Erhebung von verifizierten Emissionsdaten setzt. Wir empfehlen eine frühzeitige Anpassung der Lieferantenverträge sowie den Aufbau einer robuste Daten- und IT-Infrastruktur, um Compliance sicherzustellen.  

Wir unterstützen Sie

Unsere Expert:innen unterstützen Sie umfassend: von der Analyse Ihrer CBAM-Betroffenheit über die Ermittlung und Verifizierung der grauen Emissionen gemäß CBAM-Verordnung bis hin zur Erstellung und Einreichung Ihrer CBAM-Erklärungen. Zudem begleiten wir Sie bei der Optimierung Ihres Lieferantenmanagements und der Einführung effizienter Datenmanagement-Tools. Vereinbaren Sie hier ein unverbindliches Beratungsgespräch. 

Wir halten Sie auf dem Laufenden

Wir beobachten die Entwicklungen genau und halten Sie informiert. Falls Sie Fragen haben, worauf Sie jetzt den Fokus legen sollten, stehen Ihnen unsere Expert:innen für Sustainability Services gerne zur Verfügung.