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Hauptwohnsitzbefreiung: Ab wann ist Ihr Grundstück zu groß?

Der VwGH hatte jüngst (VwGH 29.3.2017, RV 2015/15/0025-4) über die Auslegung des Umfangs des Grund und Boden der Hauptwohnsitzbefreiung zu entscheiden.

 

Sachverhalt

Der Revisionswerber war Eigentümer einer 3.646 m² großen Liegenschaft in Graz auf der sich ein Haus samt Garage befand. Die bebaute Fläche belief sich auf 317 m². Das Haus diente dem Revisionswerber über zehn Jahre als Hauptwohnsitz. Der Revisionswerber verkaufte im Jahr 2012 das Grundstück und lukrierte hierdurch einen Veräußerungserlös iHv EUR 3,2 Mio.

Mit Einkommensteuerbescheid unterwarf das zuständige Finanzamt die Veräußerung der Liegenschaft zum Teil der Immobilienertragsteuer. Hierzu wurde festgehalten, dass dem Revisionswerber zwar grundsätzlich die Hauptwohnsitzbefreiung iSd § 30 Abs 2 EStG zustehe, diese aber lediglich auf eine Grundstücksfläche von bis zu 1.000 m² zur Anwendung kommen kann. Aus diesem Grund unterliegt nach Ansicht des Finanzamts jener Teil des Veräußerungserlöses, der für die darüber hinausgehende Fläche bezahlt wurde, der Immobilienertragsteuer.

Der Revisionswerber brachte ein Rechtsmittel gegen den Einkommensteuerbescheid 2012 ein und bekam vor dem Bundesfinanzgericht Recht (BFG 17.4.2015, RV/2101044/2014) mit der Begründung, dass aus dem Gesetz keine größen- und betragsmäßige Beschränkung des Begriffes „Eigenheim“ zu entnehmen sei. Das Finanzamt erhob gegen die Entscheidung Amtsrevision an den Verwaltungsgerichtshof („VwGH“). Der VwGH hatte nunmehr zu entscheiden, ob die Hauptwohnsitzbefreiung nur ein Grundstück bis zu einer Größe von 1.000 m² umfasst oder ob auch größere Grundstücke unter den Anwendungsbereich der Steuerbefreiung fallen.

 

Ansicht der Finanzverwaltung

Nach Ansicht der Finanzverwaltung stellt die Hauptwohnsitzbefreiung grundsätzlich eine Gebäudebefreiung dar. Grund und Boden ist nur insoweit einzubeziehen, als der Grund und Boden der Nutzung des Eigenheims oder der Eigentumswohnung als Garten oder Nebenfläche dient. Hierunter versteht die Finanzverwaltung Grundstücksflächen bis zu 1.000 m². Dabei kommt es auf die Gesamtgrundstücksfläche und nicht auf einen reinen Gartenanteil an. Demnach ist bei größeren Grundstücken der 1.000 m² übersteigende Grundanteil steuerpflichtig und im Rahmen der Immobilienertragsteuer zu erfassen.

 

Die Entscheidung

Im Ergebnis hat der VwGH das Erkenntnis des Bundesfinanzgerichts aufgehoben und die Anwendung der Hauptwohnsitzbefreiung im zugrundeliegenden Fall für die gesamte Liegenschaft bejaht.

Der VwGH ging jedoch nicht exakt darauf ein, bis zu welcher Grundstücksfläche die Hauptwohnsitzbefreiung im konkreten Fall zur Anwendung kommt. Vielmehr hat der VwGH auf abstrakter Ebene argumentiert und festgehalten, dass entsprechend der Erläuterungen zur Regierungsvorlage zur Stammfassung des § 30 EStG, die Hauptwohnsitzbefreiung für den „Grundanteil bzw den Grund gelte, der üblicherweise als Bauplatz erforderlich ist.“ In diesem Zusammenhang hat der VwGH in einem älteren Erkenntnis (VwGH 18.12.2001, 98/15/0019) bereits klargestellt, dass unter dem „üblicherweise erforderlichen Bauplatz“, jener Grundstücksanteil zu verstehen ist, der nach der Verkehrsauffassung zusammen mit dem Gebäude als Einheit („bebautes Grundstück“) anzusehen ist.

 

Auswirkungen der Entscheidung

Die Entscheidung des VwGH stellt klar, dass die Hauptwohnsitzbefreiung für den „Grundanteil bzw den Grund gelte, der üblicherweise als Bauplatz erforderlich ist.“ Die Hauptwohnsitzbefreiung erstreckt sich jedenfalls nicht auf ein „beliebig“ großes Grundstück, sondern orientiert sich an der Verkehrsauffassung. Die Entscheidung lässt allerdings konkrete Anhaltspunkte offen und es bleibt abzuwarten wie die Finanzverwaltung künftig den Umfang der Hauptwohnsitzbefreiung auslegt.

 

MMag. Elisabeth Ludwig | Manager | Steuerberater

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